postbox

www.scheuffler.com

R 1150 RT

Südschwarzwald - Alpen - Provence       Juni / Juli 2006

Tag 1: Mit der R 1150 RT ging es im Juni 2005 wieder Richtung Süden. Wegen des Wetters erst einmal von Aachen bis Trier über die Autobahn durch die belgischen Ardennen. In Trier angekommen, durch verschiedene Vororte weiter Richtung Luxemburg bis zur Abzweigung an der Saar. Immer am Fluss entlang, erst noch eine recht schöne Strecke, dann aber spätestens bei Saarlouis rein nach Frankreich, denn die Gegend um Saarbrücken ist nicht mehr unbedingt von der Sorte, die in den Straßenkarten als „landschaftlich reizvoll“ markiert ist. Dass man dann bei St. Avold auf französischen Boden fährt merkt man eigentlich sofort, denn die Straßen und Orte… das ist typisch französisch, c’est ca! Südlich vorbei an Straßburg, um nicht wieder durch eine größere Stadt fahren zu müssen, war’s dann wieder über den Rhein von West nach Ost auf die dt. Seite in den Südschwarzwald. Elzach, Furtwangen, Neustadt am Titisee, Schluchsee und Tiengen, um nur ein paar Orte zu nennen, hier geht’s wieder richtig los mit „Mopedfahn“! Die Strecken sind für Motorräder wie geschaffen! Den Schwarzwald, zumindest die südliche Region, die ich gesehen habe, ist für Motorräder einfach ein Traum und man sollte sich eigentlich mehrere Tage dafür einplanen. Kilometer hatte ich jedoch erst einmal genügend abgerollt für den ersten Tag und dann zog es mich ja auch weiter in die Berge. Meine Übernachtung war dann im Gasthof zur Post
(www.gasthauszurpost.com), wo man gut und günstig unterkommt und im angeschlossenen Stall direkt neben den Kühen sein Motorrad trocken und sicher parken kann.
Tag 2:  Sonnenschein, blauer Himmel und wenig los auf den Straßen – perfekt! Weiter Richtung Süden über Tiengen und Waldshut hat man abwechselnd enge schmale Täler und dann wieder Fernsichten bis in die schneebedeckten Alpen, einfach genial hier! So erreicht man dann wieder den Rhein, diesmal die Grenze zur Schweiz. Winterthur, Turbenthal, Bauma, dann zum Zürichsee. Dort ist am Wochenende und bei schönem Wetter die Hölle los, also nix wie weg und hoch zum ersten Pass, dem Sattelegg.
Hier fängt’s dann an: aus Freude an Kurven! Ibergeregg, Vierwaldstätter See, Urner See, so schraubt man sich langsam aber sicher immer höher in Richtung Gotthard und ehe man sich versieht ist man schon oben. Bei trockenem Wetter sollte man sich die „alte“ Passstraße, die Tremola, nicht entgehen lassen. Kopfsteinpflaster in Perfektion. Bis zur Hälfte nach Airolo runter ist die Straße noch
so belassen, jedoch bei Nässe nur mit Vorsicht zu geniessen! Dann weiter, Nufenen-Pass, vorbei am Rhonegletscher, Grimsel-Pass, alles recht zügig und ist gut ausgebaut. Imposant ist dann das Grimselhospiz oben am Stausee, das wie eine Insel auf dem Fels zwischen zwei Staumauern liegt.
Tag 3:  Brienzer See, hier hat mich der Regen wieder. Ab Interlaken dann Dauerregen und die Anfahrt zur Bahnverladung Kandersteg-Goppenstein ist von der Sorte: bloß wech hier! Die Bahnfahrt selbst ist wie vor 25 Jahren, Motorräder dürfen als erste von hinten
über den kompletten Autozug bis vorne in ein Abteil mit Schiebetür. So kommt man trocken incl. Motorrad gut 20 Minuten und 15,- Franken später ins Rhônetal. Auf der Südseite des über 3600m hohen Bergkammes ist es wieder trocken und die ersten Anzeichen von südländischem Flair machen sich breit. Gampel, Sierre, Crans sur Sierre, am Nordhang des Tales entlang über kleinste Sträßchen, an
der Teufelsbrücke vorbei, mitten durch die Weinstöcke durch. Man kommt sich teilweise wie ein Fremdkörper vor, aber alle Sträßchen sind frei befahrbar. So entlang des Hanges oberhalb von Sion kommt man dann nach Martigny. Wenn man Richtung gr. St. Bernard die Abzweigung in Les Valettes nach Champex sur Lac nicht verpasst, hat man eine wunderbare kleine Straße mit vielen Kehren und einem neuen Belag vor sich bis zum Ort “Champex sur lac” auf 1470m Höhe. Absolut zu empfehlen ist hier eine kleine, aber feine Unterkunft mit exzellenter Küche!
(www.le-belvedere.ch)
Tag 4:  Gr. St. Bernard noch bei gutem, den kl. St. Bernard dann bei Nieselwetter. Es wechselt teilweise sehr schnell! Wieder auf französischer Seite geht’s dann hoch über Tignes und Val d’Isère zum Col de l’Iseran. Dicker Nebel und ab etwa 2000m fängt es an zu schneien. Bei 2770m Passhöhe 1° C und schon längst wieder die Griffheizung an. Aber scheinbar wieder eine Wetterscheide, denn wieder im Tal, bei Lanslevillard ist Sonnenschein und Straßencafe angesagt. Über den Col du Mont Cenis wieder eine Grenzüberquerung, diesmal nach Italien zum Colle delle Finestre, ein Muss für Freunde abgelegener Pässe. Ein Meisterwerk der Straßenbaukunst, rund 25-30 engste (Asphalt-)Serpentinen, die auf halbem Weg dann bis zur Passhöhe in gut zu fahrenden Schotterweg wechselt. Dort oben war schon einmal ein Etappenziel der Tour de France, Gedenksteine erinnern an dieses Martyrium! Weiter kann/sollte man die „Testa dell’ Assietta“ fahren, ein alter Militärweg, Schotter, rund 30km fast immer zwischen 2000-2500m bis Sestrière. Leider zu meiner Zeit noch wegen Bauarbeiten gesperrt. Ich wäre sie auch mit meinem Dickschiff gefahren!
Tag 5 + Rest:  Gut ausgebaut über Oulx nach Bardonecchia, man kann abzweigen zum Monte Jafferau bzw. zum Sommelier, dort findet jedes Jahr am 2. Juliwochenende die „Stella Alpina“ statt, das höchstgelegene Motorradtreffen überhaupt. Gegründet im Jahr 1966 noch am Stilfser Joch, jedoch ab 1967 am Sommelier, wo man bis knapp 3050m Höhe hoch kann, der höchste legal anzufahrende Punkt der Alpen. Allerdings ganz nach dem Motto: „je höher desto Enduro“, aber es sollen auch schon schwerste Tourer bis ganz nach oben gekommen sein…. Irgendwann mal, nicht aber dieses Jahr! Über den Col de l’Echelle erreicht man wieder französischen Boden. Briancon, dritthöchst gelegene Stadt Europas, ist geschichtlich interessant mit seinen Festungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, aber an Wochenenden auch ziemlich überlaufen. Den anschließenden Col d’Izoard könnte man direkt mehrfach fahren, so viel Spaß macht diese Strecke, selbst mit Gepäck! Man merkt sofort, dass man in der Region “Provence – Alpes – Côte d’Azur“ angekommen ist. Vom Col de Vars zum Col bzw. Cime de la Bonette. Um den Titel höchster fahrbarer Pass Europas zu erlangen, hat man vom Col aus einen kleinen Rundweg um die Bergspitze gebaut, den Cime de la Bonette, 2805m üNN. Dann wieder abseits der Hauptroute über kleinste Wege via St. Dalmas runter bis zum Fluss Tinée. Bei St. Saveur s. Tinée dann wieder hoch zum Tagesziel Roubion, auf 1400m Höhe gelegen, einem kleinen Bergdorf, welches wie ein Schwalbennest am Fels klebt, wirklich sehenswert.
Ich bin dann noch mehrere Tage in Roubion geblieben (www.rupicapra-tinee.com/), auch eine kleine empfehlenswerte Unterkunft, klein, fein und mit viel Liebe zum Detail, ein wunderbarer Ausgangspunkt, um diese Region zu „erfahren“ oder auch zu Fuß zu erwandern. Wer die Ruhe liebt, wird hier mit Sicherheit fündig! Die französischen Departements “Alpes de Haute Provence” und “Hautes Alpes” sind unbeschreiblich, kaum befahren und wunderschön. Die Straßen sind vom Zustand durchweg gut bis sehr gut, die Landschaft phänomenal! Ein Muss sind hier die „Gorges du Cians“ und die „Gorges du Daluis“, faszinierende Schluchten und die vielen kleinen Dörfer in dieser Gegend, die mit ihren Dorf- und Marktplätzen zum Verweilen einladen. Auf Straßen wie der D911, D10, D2205, D26, dem Col de Félines, Col du Trébuchet oder auch dem Col de la Sinne begegnet man nicht vielen Fahrzeugen und man hat wirklich seine Ruhe. Es gibt so viele sehenswerte Strecken in diesem Gebiet, dass man Wochen damit füllen könnte! Motorradfahren ist dort wirklich ein Erlebnis!
Die Rückfahrt Richtung Heimat gestaltete sich dann allerdings recht einfach und unspektakulär: in zwei Tagen über die Route Nap nach Digne les Bains, Sisteron, Serres, Col de la Croix Hautes bis Grenoble, dann die “l’autoroute du soleil”, Lyon, Dijon, Metz, Thionville
nach Luxemburg und wieder über die belgische Ardennenachterbahn Richtung Aachen. Am letzten Tag wurde wieder mal bestätigt, was man schon so oft erlebt hat: je näher man nach Hause kommt, desto feuchter wird’s auch!
Kartenmaterial:  absolut empfehlenswert sind die Karten von Michelin im Maßstab 1:150.000, da die kleinen Sträßchen dort gut eingezeichnet und auch zu erkennen sind. Groß genug, um nicht beim Blickwechsel von der Straße zum Tankrucksack hin immer wieder neu suchen zu müssen.